Die Traummalerin Roman by Katherine Scholes

Die Traummalerin  Roman by Katherine Scholes

Autor:Katherine Scholes [Scholes, Katherine]
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 9783426425213
Herausgeber: Knaur e-books
veröffentlicht: 2015-07-30T16:00:00+00:00


An der Tür hing ein Holzschild, auf der in Goldbuchstaben Privatstation stand. Schwester Edwards schloss die Tür auf und spähte vorsichtig hinein.

»Sie schläft. Möchten Sie später wiederkommen?«

Kitty schüttelte den Kopf. »Ich setze mich einfach ein bisschen zu ihr.«

»Ich warte draußen«, sagte Edwards. »Ich möchte Sie nicht mit ihr einschließen, aber wir müssen auf sie aufpassen.«

Kitty warf ihr überrascht einen Blick zu. Es dämmerte ihr, dass das Dianas neues Leben war – sie galt offiziell als verrückt. Vielleicht war sie auch eine Gefahr für andere Menschen.

Kitty trat auf das Bett zu. Diana lag auf dem Rücken, bis zur Brust mit einem Laken zugedeckt. Ihre Arme lagen ausgestreckt zu beiden Seiten, und der abgeblätterte rote Lack auf den Fingernägeln hob sich von dem weißen Leinen ab. Jemand hatte Jod auf ihre aufgeschürften Knöchel getupft. Ihre Augenlider waren geschwollen und ihre Wangen bleich. Statt des seidenen Negligés trug sie ein einfaches Baumwollnachthemd, das offensichtlich dem Krankenhaus gehörte. Ihre Haare hatte man gewaschen und aus dem Gesicht gekämmt, so dass sie flach anlagen. Kitty betrachtete sie erschreckt. Sie stellte sich Schwester Edwards bei der Arbeit vor, wie sie Diana in eine Lehrbuch-Patientin verwandelte.

»Diana? Ich bin es, Kitty.«

Keine Antwort. Der Ventilator an der Decke verteilte surrend die heiße Luft. Kitty spürte, wie ihr der Schweiß ausbrach. Die Regenzeit stand bevor, und die Luftfeuchtigkeit wurde immer höher. Über den Bergen ballten sich Wolken zusammen – aber der Regen kam nicht. Die Luft schien vor Erwartung zu vibrieren.

Kitty griff nach Dianas Hand und streichelte sie sanft. Sie hoffte, dass Diana irgendwie merken würde, dass sie da war – dass nicht alle »Schwestern« sie allein ließen.

Dianas Augenlider flatterten, dann öffneten sie sich. »Ich schlafe nicht«, flüsterte sie. In dem dämmerigen Raum waren ihre Augen, die in ihrem Gesicht übergroß wirkten, mehr grün als grau.

Kitty zog ihre Hand zurück. Plötzlich war sie sich unsicher, wie sie empfangen werden würde. Wusste Diana überhaupt, dass sie sie gefunden und hierhergebracht hatte?

»Geh nicht weg.« Die Stimme klang leise und drängend; in ihren Augen stand Angst. »Bleib bei mir. Bitte.«

»Schscht, schscht. Es ist alles in Ordnung. Bald geht es dir wieder besser. Richard wird die besten Ärzte für dich finden.«

Diana schüttelte den Kopf. »Ich kann nicht nach England zurück. Sie sperren mich ein.«

Kitty holte tief Luft. Plötzlich ertönten Schritte im Flur. Als die Tür aufging, schloss Diana die Augen und tat so, als schliefe sie noch.

»Ich wollte bloß rasch nachschauen, ob alles in Ordnung ist«, sagte Edwards. »Ich muss einen Patienten aufnehmen. Aber ich bleibe in der Nähe. Rufen Sie mich, wenn sie aufwacht.«

»Natürlich.« Kitty rang sich ein Lächeln ab.

Als die Schritte der Krankenschwester wieder verklungen waren, setzte Diana sich auf und beugte sich zu Kitty vor. »Du musst mir helfen. Es ist sonst niemand da.« Sie sprach mit fester Stimme, so wie die alte Diana: Sie hatte sich und alle um sich herum völlig im Griff.

»Ich weiß nicht, wie ich dir helfen soll«, sagte Kitty. »Ich weiß ja noch nicht einmal, was mit dir los ist.«

»Was mit mir los ist …«, wiederholte Diana, als ob sie die Worte prüfen wolle.



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